Nachhallzeit

Tyischer Schallpegelverlauf bei einer Messung der Nachhallzeit T. Zunächst bestimmt das Messsignal, ein sehr lautes rosa Rauschen, den Pegel. Nach dem Ausschalten des Rauschens klingt der Pegel bis zum Grundgeräusch ab.
Die wichtigste physikalische Größe zur Charakterisierung der akustischen Eigenschaften eines Raumes ist seine Nachhallzeit. Sie ist das Maß für die Halligkeit eines Raumes. Die Nachhallzeit ist die Zeit, die vergeht, bis der Schallpegel im Raum um 60 dB abgefallen ist. Wie groß die Nachhallzeit in einem bestimmten Raum ist, hängt hauptsächlich von den Absorptionseigenschaften der Wände, des Bodens und der Decke, der Einrichtung sowie dem Raumvolumen ab. Die Nachhallzeit ist frequenzabhängig, da Stein, Holz, Teppich oder Textilien den Schall bei den verschiedenen Frequenzen unterschiedlich stark absorbieren.
Welche Nachhallzeit für einen Raum die richtige ist, hängt im Wesentlichen von seinem Volumen und von seiner Nutzung ab. Dies wird auch in der DIN 18041 und der ÖNORM B 8115-3 berücksichtigt. Beide Normen legen für verschiedene Räume jeweils optimale Nachhallzeiten und zugehörige Toleranzbereiche fest.
Die Komplexität dieser Regelwerke ist im Raumakustik-Rechner auf einfache Weise aufbereitet worden. Es sind lediglich die Nutzung, die zu verwendende Norm, das Raumvolumen und typische Möblierungen für eine vorgesehene Personenzahl auszuwählen. Der Rechner bestimmt daraus alle relevanten Größen.
Für alle nachfolgend beschriebenen Räume ist die Nachhallzeit die entscheidende akustische Größe.
Veranstaltungssäle:
In diesen Sälen kommt es vor allem darauf an, ob der Saal nur für Musik, für Musik und Sprache gleichermaßen oder nur für Sprache genutzt wird. Diese Unterscheidung sollte mit großer Sorgfalt getroffen werden, denn daraus ergibt sich die notwendige Nachhallzeit. Für Musik muss sie länger sein als für Sprache.
Hörsäle, Vortrags-, Besprechungs-, Sitzungs-, Konferenzräume, Klassenzimmer, Unterrichtsräume:
All diese Räume verlangen ein hohes Maß an Sprachverständlichkeit. Um optimale Nachhallzeiten zu erreichen, darf man in den meisten Fällen nur Teile der Unterdecken aus absorbierendem Material ausführen. In den Normen wird an mehreren Beispielen beschrieben, wo die absorbierenden Teilflächen liegen sollten. Für alle Varianten gilt: Die Decke im mittleren Teil des Raumes muss reflektierend ausgeführt werden. Die meisten Hersteller von Akustikdecken bieten Systeme an, in denen sich schallabsorbierende und schallreflektierende Elemente kombinieren lassen, um obigen Anforderungen gerecht zu werden.
Musikunterrichts-, Übungs-, Proberäume:
Bei der raumakustischen Gestaltung von Musikunterrichts- und Übungsräumen gilt es, die Balance zwischen zwei sich widerstrebenden Forderungen zu finden. Zum einen wird meist gewünscht, ähnliche akustische Bedingungen wie in einem Konzertsaal vorzufinden, also die Räume mit einer langen Nachhallzeit zu versehen. Zum anderen sollten Lehrer und Schüler feinste Nuancen des Klangs ihrer Instrumente wahrnehmen können. Dazu sollte der Raum aber eine möglichst kurze Nachhallzeit haben. Eine gelungene Diskussion dieser Zusammenhänge bietet das Buch von Meyer auf den Seiten 197-199. Er empfiehlt vor allem, auf eine ausreichend kurze Nachhallzeit bei tiefen Frequenzen und genügend Diffusität des Schallfeldes zu achten.
Kammermusiksäle, Konzertsäle, Theater, Operhäuser:
Diese Räume gehören zu den anspruchsvollsten überhaupt. Die Normen können hier bestenfalls Hinweise auf eine anzustrebende Nachhallzeit geben. Bei der Gestaltung von Kammermusiksälen, Konzertsälen, Theatern und Operhäusern muss unter anderem dafür gesorgt werden, dass die raumakustische Qualität an allen Zuschauerplätzen möglichst gleich gut ist. Hierfür sind in der Regel aufwendige Computersimulationen nötig, um eine optimale Neigung von Wand- und Deckenflächen und eine günstige Verteilung von absorbierenden, reflektierenden und schallstreuenden Oberflächen zu finden (Siehe auch Fasold, Sonntag und Winkler oder Barron).
Hifi-Hörräume, Heimkinos:
Für eine ausgewogene, lebhafte und nicht zu trockene Raumakustik im Hifi-Hörraum und Heimkino sollte eine über die Frequenz lineare Nachhallzeit angestrebt werden. Die Empfehlungen für die Nachhallzeit im Lautsprecher-Rechner entsprechen in etwa den Anforderungen an Räume mit multimedialer Nutzung nach DIN 18041 und ÖNORM B 8115-3. Der Toleranzbereich wurde allerdings großzügiger gewählt.
Tonstudios:
In einer eigenen Norm für Tonstudios, der DIN 15996, werden sehr hohe Anforderungen an die Nachhallzeit gestellt. Der Regieraum sollte so neutral wie möglich sein, damit der Tonmeister nur das hört, was auf seiner Aufnahme ist. Um dieses Ziel zu erreichen, werden sehr kurze Nachhallzeiten benötigt. Außerdem ist der zulässige Toleranzbereich sehr eng. Dies ist nur mit sehr hohem Aufwand und unter messtechnischer Kontrolle der Baumaßnahmen zu erreichen.